Eiras Palast

Abgeschieden am Stadtrand, beinahe schon auf dem Land, befindet sich die Ruine eines alten prachtvollen Hauses. Die Gerüchte sagen, dass es hier schon immer gespukt hat. Keiner der Lebenden erinnert sich mehr daran, wie dieses Anwesen früher ausgesehen haben muss.
Hin und wieder trauten sich ein paar Kinder hier her – Mutproben – doch auch diese spielerischen Unterfangen stoppten vor einiger Zeit gänzlich. Eine unsichtbare Barriere scheint jetzt jeden Eindringling wegzuschicken, als hätte er seine Pläne, die Ruine zu erforschen, verworfen.

Nachdem Eira von der Vergangenheit des Dorfes erfuhr, fasst sie ihren Plan, doch um den auszuführen brauchte sie einen Unterschlupf. Einen sicheren Platz, an dem sie leben und sich mit ihren Gefolgsleuten besprechen konnte. Ein alter Magier, der unter den Menschen nicht gerade als vertrauenswürdig galt, erzählte ihr von der verlassenen Ruine. Früher soll es sich dabei um einen beeindruckenden Palast gehandelt haben, doch Mord und Intrigen hatten ihn leergefegt und langsam zerfallen lassen. Die Drachin war von der Geschichte keineswegs eingeschüchtert, sondern sah sie als Chance. Ohne viel Zeit zu verlieren beanspruchte sie die Ruine für sich und ihre Zwecke. Ihre Helfer und der Magier bauten den Palast wieder zu neuer Schönheit auf. Durch machtvolle Zauber behielt das Quartier jedoch die abschreckende, düstere Atmosphäre und hält unerwünschte, neugierige Gäste fern.

Meine Finger schlossen sich betont langsam um die steinernen Armlehnen des Throns, auf dem ich saß. "Einen Ball? Für alle Völker?", hakte ich nach, obwohl ich die Neuigkeit bereits gut verstanden hatte. Der junge Dämon vor mir blickte plötzlich sehr ängstlich drein. "Ja, meine Königin. Der Herrscher der Elfen lädt alle zu einem gemeinsamen Festessen und den Ball ein", wiederholte er sich. Mit einem leichten Handhaben entließ ich ihn. Er will also den Völkern zeigen wie gut sie miteinander auskommen können? Die Einladung gilt bestimmt nicht für mich, denn sie wissen alle nicht einmal, dass es die Drachen noch gibt – so radikal haben sie uns ausgerottet! Meine Fingernägel wuchsen zu schwarzen Krallen heran, die auf dem Stein ein unangenehmes Geräusch erzeugten. Mit einigen tiefen Atemzügen unterband ich weitere Verwandlungen und faltete die Hände im Schoß zusammen. Stine schien sich immer noch nicht blicken zu lassen. So sehr mir dieses junge Mädchen schon geholfen hatte, so sehr strapazierte sie auch meine Nerven mit ihren ständigen Ausflügen unter die Menschen. Ich wusste, dass ich ihr wenig vorschreiben konnte – schließlich war sie längst nicht so jung wie sie erschien, sondern wohl sogar noch älter als ich selbst – doch sie stellte meine Geduld wirklich zu oft auf die Probe. Mit einem Seufzer, der aber eher nach einem Knurren klang, ließ ich mich an die hohe Lehne sinken und meine Gedanken wandern.

Stine

Ich betrat ihren riesigen alten Palast und öffnete die Tür zum Saal, wo sich ihr Thron befand. Als ich sie auch schon dort sitzen sah vollführte ich eine kleine Verbeugung als Zeichen des Respekts. "Sei gegrüßt Eira.", begrüßte ich sie. "Ich hoffe ich war nicht zu lange weg?", fragte ich hoffnungsvoll, vielleicht war es ja gar nicht so lange wie es mir vorkam.

Das Tor schwang auf und eine schlanke junge Frau trat ein. Ich richtete mich auf und erkannte Stine. Sie verbeugte und entschuldigte sich respektvoll, doch mein Blick blieb finster. Aus verengten, blau leitenden Augen sah ich sie eine Weile an, bevor ich antwortete: "Doch. Hast du wenigstens etwas nützliches zu berichten? Der Elfenkönig" , meine Stimme nahm einen anfälligen Ton an, "veranstaltet einen Ball. Als Zeichen des Friedens."

Stine

Zu ihrer Frage gab ich keine Antwort. Mir fiel nichts ein. Aber als sie sagte das der Elfenkönig ein Fest gab glänzten meine Augen. Als Zeichen des Friedens? , kicherte ich. Das wird es nicht mehr lange sein... Denn ich konnte mir schon vorstellen was Eira vorhatte.

Ein animalisches Knurren entwich meiner Kehle, als sie meine erste Frage unbeantwortet ließ, doch ich sprach meine Gedanken nicht aus. Es war unübersehbar, dass ich nicht positiv gestimmt war. "Wir werden dort sein, aber du hältst dich bedeckt. Wir sind noch nicht bereit. Das weißt du. Trotzdem schadet es nicht, die anderen Herrscher von Nahem zu sehen", erklärte ich. Ich sann auf Rache, aber wollte nichts überstürzen. Vielleicht konnte man etwas Unruhe stiften, doch es war noch genug Zeit eine Idee zu entwickeln.

Es hätte bisher nicht besser laufen können.
Mein Gefolge hatte perfekte Recherchearbeit geleistet und eine passende Tarnung entwickelt. Mit Hilfe meines Hexers – ein alter, vom Dorf fast schon verachteter Mann, der mir seine Dienste gerne anbot im Tausch gegen Aussicht auf höheres Ansehen in der Zukunft – hatte ich die Gestalt einer rothaarigen Elfe aus dem Sommertal angenommen. Aelynn en Ôrmanadh war eine Verwandte des Elfenkönigs, sodass ich durch sie gut sein Vertrauen gewinnen könnte. Als Schwester und enge Vertraute der Königin ihres Volkes war sie als Repräsentantin zu der großen Feierlichkeit eingeladen worden. Ein williger Diener hatte die riskante Aufgabe übernommen, die Elfe vorrübergehend außer Gefecht zu setzten und die Briefe, die sie vom Fest entschuldigen sollten, abzufangen.
Stine würde mich als Unterstützung auf den Ball begleiten und später für die reibungslose Kommunikation zwischen mir und meinen Leuten sorgen.
Auf dem Ball hatte ein weiterer Dämon die Aufgabe, dem König das Gift zu verabreichen und die Phiole einem passenden Sündenbock unterzujubeln. Sofern alles nach Plan verlief würde mein Opfer ein paar Minuten später an dem Teufelszeug sterben. Das Attentat sollte Unruhe im Volk schüren und es mir ermöglichen an die Macht zu gelangen, um Allen ihre gerechte Strafe zukommen zu lassen.

--> Gebiet der Elfen, Straßen von Faustedt, Marktplatz