Zuerst war mein Ziel der Kampfplatz gewesen, doch nachdem ich auf den Straßen die Information vernommen hatte, dass der König schon wieder von seiner Reise zurückgekehrt war, hatte ich beschlossen die Situation unserem Oberhaupt zu schildern und dessen Entscheidung abzuwarten.
Ich schritt auf die großen Tore des Schlosses zu und machte vor den Wachen halt, die den Eingang zum Thronsaal bewachten. Knapp äußerte ich meine Bitte um eine Audienz beim König und sogleich entfernte sich einer der Männer um die Nachricht dem König zu überbringen. Ich wartete geduldig, auch wenn ich innerlich die verstreichenden Sekunden zählte. Die Dringlichkeit meines Anliegens hatte ich ebenfalls betont, weshalb ich zuversichtlich war, dass es nicht lange dauern konnte.

Ohne dass es mir groß aufgefallen war, war doch viel Zeit vergangen seit meiner Abreise. Ich hatte eine wichtige Angelegenheit mit den Zwergen zu klären gehabt und war erst gestern spät in der Nacht angekommen. Einige Zeit von zuhause weg zu bleiben, half mir doch dabei die Schönheit meiner Heimat zu erkennen. Momentan saß ich in meinen privaten Quartieren und genoss die Sonnenstrahlen durch das Fenster. Ich hatte gerade gefrühstückt. Allerdings wusste ich dass meine Stille im Frieden hier nciht lange anhalten würde. Immerhin war ich lange weg gewesen und das staute die Arbeit hier immer relativ oft an. Leise seufzte ich und stemmte mich hoch. Ich ließ mir meinen Mantel anziehen und mein Lieblingsschwert reichen, bevor ich mich auf in den Thronsaal machte. Einige Bedienstete rannten schon aufgeregt, fast wie aufgescheuchte Hühner, quer über das Anwesen. Die relaxede Stimmung in der Zeit, wo ich nicht da war schien vorbei zu sein. Und das obwohl ich gar nicht so lange weg war. Oder so strenge Hausordnungen hatte. Ich nickte meinen Leibwachen zu, die sich sofort neben meinen Thron stellten.
"Es ist Zeit." Wartend sah ich zu meiner Hofdame. Immer wenn ich die ältere Dame sah erinnerte ich mich an die Stunden, die ich mit ihr in meiner Kindheit verbracht hatte. Sie als meine Erzieherin und jetzt inzwischen als meine Gesellschafterin. Dennoch konnte ich nicht lange auf ihre Antwort warten, da wir unterbrochen wurden. Zwei Wachen erschienen vor mir und sofort zu sprechen begannen sie auch noch "Kommandantin Calaiël Valarihôn..." "...dringend..." Ich winkte ab. "Bitte, lasst sie einfach herein, sie soll sich selbst erklären." Stirnrunzelnd sah ich den beiden Wachen nach, die sich sofort auf machten um ihr ihre Audienz zu gewähren.
Immerhin musste es etwas wichtiges sein, wenn sie etwas zu so früher Stunde direkt nach meiner Ankunft von mir wollte.

Es dauerte tatsächlich nicht lange bis ich eingelassen wurde: "Eure Hoheit empfängt sie jetzt." Ich durchschritt das Tor und betrat den langen Thronsaal. Hinter mir fielen die Türen mit einem lauten Klacken ins Schloss, doch meine Schritte waren auch in diesem hallenden Raum kaum zu hören. Vor der beeindruckenden Gestalt auf dem Thron verbeugte ich mich tief. "Seid gegrüßt, Eure Majestät, ich hoffe eure Reise war angenehm und produktiv. Hier hat sich uns gerade gestern wieder ein Problem gestellt", erklärte ich. Ich hatte meine gewohnt soldatische Haltung angenommen und sprach mit sachlicher Stimme. Es war mir wichtig, dass der König mich als Kommandantin anerkannte, daher gab ich mir immer viel Mühe in seiner Gegenwart einen professionellen Eindruck zu machen. Nicht, dass ich darauf sonst nicht bedacht war, ganz im Gegenteil, doch es machte durchaus nochmal einen Unterschied.

Die Kommandantin marschierte mit bestimmten Schritt auf mich zu. Ihre Verbeugung gab mir Anlass sie kurz anzulächeln, ehe ich wieder mein nachdenkliches Gesicht zeigte. Schließlich war sie nicht zum Spaß gekommen. Dennoch freute mich ihre kurze höfliche Floskel zu meiner Reise. Langsam nickte ich einmal, ehe ich meine Stirn tief runzelte. "In der Tat, das war sie, vielen Dank.", beendete ich das Thema und musterte sie kurz. Ihre Haltung war sehr militärisch, was mir gefiel. Schließlich musste ein Kommendant in jeder Lebenslage eine Führungsperson sein, zu der man aufsehen konnte. "Kaum bin ich zurück, das ist nun wirklich kein gutes Zeichen." Kurz sah ich gedankenverloren aus, ehe ich sie wieder mit meinen blauen Augen fixierte. "Erzähle mir mehr von diesem Problem..." Mit einer Hand machte ich eine ausladende Geste und ließ sie dann auf den Knauf meiner Großschwertes sinken.

Ich folgte seiner Handbewegung kurz mit dem Blick, stellte dann aber wieder Augenkontakt her und nickte. "Es hat sich eine Räuberbande in unserem Wald niedergelassen. Ich bin auf sie gestoßen, als sie gerade eine unserer Gelehrten ausraubten. Meine Bemühungen sie zur Vernunft zu bringen und aus unserem Gebiet zu verbannen waren vergeblich. Sowohl die Gelehrte, als auch ich wurden gefangen genommen und zu ihrem Lager gebracht. Im Lager wurde ich gelähmt und in ein anderes Zelt als sie gebracht. Ich konnte fliehen, als die Wirkung des Giftes nachließ, doch musste ich die Frau zurück lassen. Ich weiß nicht wie es um sie steht, doch wir müssen schnell handeln und sie befreien. Wohl oder übel hatte ich mir das Gerede des jungen Mädchens anhören müssen, das mich bewacht hatte. Sie erklärte, dass sie viele Alte und Kranke haben, die nicht weiterreisen können, bevor sie sich nicht erholt haben. Sie hätten keine bösen Absichten, sondern wollten nur eine Zeit lang hier lagern. Dass sie ohne Erlaubnis hier sind begründen sie mit Erfahrung, denn ihrer Erzählung nach wurde ihnen Hilfe bisher immer verweigert. Warum sie dann die Bücher einer Gelehrten stehlen müssen ist mir allerdings schleierhaft", erzählte ich und beobachtete die Reaktion des Königs genau.

Geduldig hörte ich mir jedes Wort an, das die Kommandantin zu sagen hatte. Zuerst schien die Situation eindeutig, doch dann wurde die Geschichte doch noch von beiden Seiten beleuchtet. Nachdenklich hielt ich mir mit meiner freien Hand die Hand vor den Mund und überlegte eine Weile, bevor ich antwortete. Es fiel mir zumeist schwer sofort eine Entscheidung zu treffen, weshalb ich die Situation nochmal rekapitulierte. "Nun, wie nobel auch immer ihre Absichten sein mögen, das ist nun wirklich kein Grund hilflose Leute auszurauben." Ich seufzte einmal, nahm meine Hand wieder von meinem Mund weg und ließ sie auf die Sitzlehne fallen. "Anstatt um Hilfe zu bitten entführen sie Leute aus unserem Volk... Völlig gleichgültig, ob wir sie vertreiben oder nicht, wir müssen unsere Gelehrte befreien."
Langsam erhob ich mich und machte ein paar Schritte auf die Kommandantin zu. Ich wollte ihr meine Dankbarkeit zum Ausdruck bringen, da sie sich schließlich alleine befreien konnte. Es erfreute mich immer, junge Talente zu sehen, die ihrem Land und König treu waren. "Du hast äußerste Tapferkeit und Treue bewiesen. Das beweist wieder einmal, dass wir sogar alleine stark sein können."

"Wie ist er an dem Wachen vorbeigekommen?" "Ich dachte er gehört zu den Hofdamen!" "Das ist ein Kerl??" "Das ist der kleine Bruder von Kommandant Rivera." "Was?!"Ich stieß die Tür zum Thronsaal auf, ehe eine der Wachen oder ein Diener etwas tun konnte. Ins Schloss gekommen war ich problemlos, den Grund hatte ich eben gehört, doch ich verzog keine Miene. Ich war herbestellt worden und ich hatte was zu sagen. Ich warf meinen Zopf über die Schulter und ging mit eleganten, aber schnellen Schritten auf den Thron zu, auf welchem der König der Elfen saß. Das dieser gerade eine Audienz gab war mir, linde gesagt, völlig egal. Ich war doch nicht hier um hinter Kommandantin Valarihôn zurück zu treten. Ich wusste durch meinen Bruder wer sie war, er erzählte mir viel von seiner Arbeit. Vor dem Thron blieb ich schließlich stehen und stemmte eine Hand in die Hüfte. Sie wollten einen Hexer, bitte, hier bin ich.

Es freute mich, dass der König meine Meinung teilte. Die Ruhe, mit der er auf meine Nachricht reagierte, strahlte auf mich über. Ich nickte zustimmend, als er seine Ansicht darlegte und wollte gerade nachfragen, was er anordnete, als er aufstand und zu mir kam. "Vielen Dank, Eure Majestät", erwiderte ich auf sein Lob hin und neigte den Kopf leicht in Demut. "Ich würde für jede und jeden unseres Volkes das selbe noch mal tun, doch hier komme auch ich nicht alleine weiter, wie sehr ich es auch versuchen möge", fuhr ich fort und richtete mich stolz auf. Nicht eine Sekunde nachdem ich meinen Satz beendet hatte, wurde die Tür aufgestoßen und zügige Schritte ertönten. Ich drehte mich um uns sah eine Frau auf den Thron zustürmen. Unverschämt! Ungläubig verfolgte ich sie, die Augenbrauen misstrauisch zusammengezogen. Ich konnte und wollte dieses Verhalten nicht auf mir sitzen lassen, doch lag es nicht an mir sie zu maßregeln. Der König würde sich ihrer schon annehmen. Sie kam mir bekannt vor, doch konnte ich sie nicht ganz zuordnen. Ihre Stimme erschien mir dann doch eher männlich, was mein Misstrauen nicht gerade abschwächte.

Verständnisvoll nickte ich der Kommandantin zu, deren Reaktion mich sehr freute. Wir Elfen mussten zusammenhalten, da hatte sie recht. "Natürlich, wir werden sofort uns um Unterstützung-" Plötzlich wurde ich von der Thronsaaltür, die aufschwang und eine Person,die sofort auf mich zuging, unterbrochen. Verwirrt runzelte ich die Stirn und innerlich war ich vielleicht auch etwas verärgert, aber ich sagte noch nichts. Die Person stellte sich als den Hexer heraus, den ich heute morgen zu mir bestellt hatte. Der lange, schwarze Zopf und seine Kleidung war schön und elegant, was sein Geschlecht aber sehr verschleierte. Das störte mich nicht wirklich, schließlich war das bei vielen Elfen so. "Mein Lieber, das ist nun wirklich kein Grund seinem König keinen Respekt zu erweisen. Ein hübsches Gesicht, kann einen nicht immer retten.", meinte ich und musterte ihn einmal langsam von oben bis unten. Dann sah ich wieder zu der Kommandantin. "Jedenfalls, wie bereits gesagt, wir müssen uns um militärische Unterstützung bemühen. Sie können den Rettungsauftrag auch gerne an einen anderen Kommandanten weiterreichen, wenn sie sich dann der ganzen Anstrengungen lieber erst einmal erholen wollen. Aber bevor wir uns entgültig entscheiden, sollten wir uns vielleicht noch kurz beratschlagen."
Nun entfernte ich mich wieder einige Schritte von ihr und stellte mich direkt vor unseren Neuankömmling. "nun, wenn du jetzt schon hier bist... kannst du mir gleich von Diensten sein." Leicht spitzbübisch sah ich ihn an, da ich meine Reaktion auf sein plötzliches Hereinkommen gut überlegt hatte. "Eigentlich wollte ich deinen Rat wegen einer Staatsangelegenheit, allerdings könntest du mir auch bei dieser... Räuberbande helfen, die eine Gelehrte entführt hat. Könntest du mir denn voraussagen, ob militärische Gewalt von Nöten sein wird?"

Ich zog nur eine Augenbraue hoch und erwiederte Meldirons Blick. Tatsache? Mir fiel sein Blick durchaus auf, der meinen ganzen Körper zu streifen schien. Ich verlagerte mein Gewicht auf die andere Seite und hörte den paar Sätzen zu, die Meldiron an Calaiël wandte, ehe er mir wieder seine Aufmerksamkeit schenkte. Sowas geht nicht einfach so. Ich brauche Ruhe, eine Schale mit Feuer, drei Federn und die Flügelknochen eines Rotkehlchens.

"Auf keine Fall. Ich übernehme das", erklärte ich auf den Vorschlag des Königs, dass ich mich auch erholen könnte. Was wäre ich denn für eine Kommandantin wenn ich diese Aufgabe jemand anderem übertragen würde? Ich hatte meinen Schlaf schon gehabt, jetzt war die Priorität die andere Elfe zu befreien. Zudem war ich schon im Lager gewesen und hatte mit den Menschen dort gesprochen. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass der Hexer durchaus bekannt war. Ich erinnerte mich allerdings nicht mehr an seinen Namen. Dafür, dass er einfach so hier herein preschte benahm er sich wirklich äußerst arrogant. Ich hielt meine Lippen verschlossen, und rang um meine Beherrschung.

"Natürlich, natürlich. Das sollst du auch haben.", meinte ich und biss mir auf die Unterlippe. Er war wahrlich eine Schönheit, selbst für meine Standards. Dann wandte ich mich sofort wieder an die Kommandantin. "Gut, wenn du bereit bist den Auftrag auszuführen, dann sollst du das auch übernehmen." Kurz musterte ich den Hexer, schüttelte aber dann den Kopf. "Wenn das nicht so einfach geht, müssen wir es wohl vorziehen. Schließlich gibt es wichtigeres, als ein paar Räuber." Es war mir doch sehr unangenehm, wie aus dem Nichts eine Entscheidung zu treffen, allerdings schien die Elfe vor mir auch schon eine ähnliche idee gehabt zu haben. "Wir werden uns einfach mit einem Trupp um die Räuber kümmern. Unsere Gelehrte befreien. Sie können gerne bleiben, wenn sie es aber noch einmal wagen jemanden von uns auch nur ein Haar zu krümmen, werden sie mit großen Konsequenzen rechnen müssen. Gut?" Es war nicht wirklich eine Frage, ob sie meinem Vorgehen zustimmte, sondern ob alles geklärt war.
Dann wandte ich mich an zwei Bedienstete, die neben meinem Thron zu jeder Zeit standen. "Ihr habt ihn gehört oder? Macht alles bereit, in meinen privaten Kammern, ja? Und keine Wachen, er braucht Ruhe."

In meinem Kopf meldete sich das kleine Stimmchen namens Vernunft wieder und klopfte gefühlt gegen die Innenwand meines Schädels. Das ist dein König. Und er checkt dich ab. Beachte das doch wenigstens mal. Als Warnsignal oder auch als Startsignal. Ich lauschte wieder Meldirons Worten, auch wenn ich mir nur zusammenreimen konnte worum es hier ging. Das war ehrlich gesagt auch einer der Gründe, warum ich um die Schale und Ruhe gebeten hatte. Ohne das alles ging es nämlich auch und Federn und Knochen hatte ich per se dabei. Jaja, seltsame Angewohnheit. Aber ohne genug Wissen über die Sache ging es nicht und Nachfragen? Sicher nicht. Du bist dann übrigens mit ihm alleine. Klappe. Ich schwieg und sah mich nur mit kaltem Blick um, welchen ich, nachdem er ein paar Sekunden zu lange auf Meldiron gehangen hatte, auf Calaiël richtete.

Ich lächelte und nickte zustimmend. "Verstanden. Sollen wir auf einen Befehl zum Zugriff warten?", fragte ich jedoch noch einmal, denn es war unklar, ob der Zauber des Hexers nun etwas mit meinem Auftrag zu tun hatte, oder nicht. Ich spürte dessen Blick auf mir lasten, bevor ich ihn sah und entschied mich ihn zu ignorieren. Seine Anwesenheit verunsicherte mich durchaus, gerade weil sein Auftreten den König nicht wirklich zu stören schien, doch ich ließ mir nichts dergleichen anmerken.